Bärbel - ein Wirbelwind mit pflanzlicher Energiequelle
tibits Geschichten
Bärbel - ein Wirbelwind mit pflanzlicher Energiequelle
1.2.2020

Auch dieses Wochenende dürfen wir euch erneut einen unserer Gäste in unserer Veganuary Reihe vorstellen. Bärbel ist ein wahres Power-Paket, liebt die Berge und ernährt sich bereits seit ihrer Kindheit vegetarisch. Warum sie vor acht Jahren den Wechsel zur Veganerin gemacht hat, erzählt sie uns in ihrem Portrait.
 
Obwohl Bärbel im fleischfreundlichen Bayern aufgewachsen ist, hat sie sich bereits im frühen Alter von 11 Jahren dazu entschieden, nie wieder ein Tier zu essen. Ausschlaggebend war ein Tiertransport, den sie miterleben musste und der dafür gesorgt hat, dass ihr die Lust auf Fleisch für den Rest ihres Lebens vergangen war.
Der vegetarischen Ernährung blieb sie auch treu, als sie 2003 in die Ostschweiz, nach St. Gallen zog. Aber erst nachdem sie 2011 aus Interesse das Buch «Anständig essen. Ein Selbstversuch» von Karen Duve gelesen hatte, in dem sich die Autorin mit verschiedenen Ernährungsformen auseinandersetzt – unter anderem auch mit jener von Vegetariern, Veganer und sogar von Frutariern –, gelang ihr der Wechsel zum Veganismus. Bärbel fiel die neue Ernährungsform wider Erwarten erstaunlich leicht und sie fühlte bald, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. Bestärkt wurde sie auch von ihrer Mutter, die nach der Umstellung meinte, dass sie diese Konsequenz bereits seit Längerem geahnt habe. Sie selbst ist nun ebenfalls seit fünf Jahren Vegetarierin, der Vater jedoch hat als Handwerker nach wie vor das Gefühl, dass zu einem richtigen Essen eben auch eine Portion Fleisch gehöre. Dennoch hat sich auch sein Konsum im Vergleich zu früher verringert – nicht zuletzt sicher auch durch die Ernährungsumstellung der Mutter. Es verändere sich also etwas in der Gesellschaft, sagt Bärbel, sogar in Bayern. Mühe hat sie eher damit, dass der Familienhund zwar verhätschelt werde, gleichzeitig aber andere Tiere auf dem Teller landen würden. Doch man könne eben nicht alle Menschen ändern, aber am Ende zähle jeder Schritt in die richtige Richtung.

In den ersten Jahren war sie sehr aktiv in der veganen Szene in St. Gallen unterwegs, organisierte unter anderem den «Veganen Stammtisch», engagierte sich bei «Vegan Bake Sale» und unternahm mit Gleichgesinnten sogar vegane Flusskreuzfahrten während ihrer Ferien. Auch beim Greifensee-Lauf hat sie mit ihrem besten Freund zweimal als «vegan runners» teilgenommen, was zu ihrer Freude auch zahlreiche positive und aufmunternde Feedbacks ausgelöst hat. Durch diese vielen Projekte und Unternehmungen fand sie schnell neue Freunde und Verbündete in der Ostschweiz und merkte, dass es bedeutend mehr Menschen gibt, die sich rein pflanzlich ernähren, als sie zu Beginn gedacht hätte. Ganz anders sah es damals aber noch mit der Anzahl der Restaurants mit pflanzlichen Alternativen aus. Während es in den eigenen vier Wänden ein Leichtes war, sich komplett vegan zu ernähren, gab es unterwegs doch auch mal die eine oder andere Enttäuschung. Am schlimmsten traf es sie bei einem Mittagessen mit Freunden in Frankreich: Obwohl bereits Tage im Voraus angemeldet war, dass sie sich rein pflanzlich ernähre, bekam sie als Vorspeise einen simplen Salat und zum Hauptgang nur ein Broccoliröschen, einen Rosenkohl und einige Karotten – schön grossflächig auf dem gesamten Teller angeordnet. Nicht eine sättigende Beilage wie Kartoffeln, Reis oder Pasta waren scheinbar im stolzen Preis von fünfzig Euro miteingerechnet. So sehr man Gemüse auch liebe, so eine Portion macht niemanden satt. Solche Erfahrungen verärgerten einen natürlich im Moment des Geschehens, meint Bärbel, aber es gebe zum Glück immer mehr tolle Angebote und Möglichkeiten für Veganer. Obwohl man sich nach wie vor auch noch an vielen Orten in der Schweiz voranmelden müsse, wenn man ein veganes Menü wolle, habe sich die angebotenen Gerichte enorm verbessert.

Endlich ein tibits in St. Gallen

Dass in St. Gallen vor einigen Jahren endlich ein bereits lange ersehntes tibits eröffnet wurde, ist deshalb auch ein Highlight für sie. Davor ist sie gerne auch mal auf dem Weg von Zürich zurück nach St. Gallen in Winterthur ausgestiegen, um dort im tibits essen zu gehen und erst mit dem nächsten Zug weiterzufahren. Auch mit dem «Veganen Stammtisch» haben sie immer mal wieder Ausflüge ins tibits oder auch ins Hiltl in Zürich unternommen. Was sie besonders freut, ihr Arbeitgeber, das Kantonsspital St. Gallen, bietet seit zwei Jahren ebenfalls eine rein vegane Ecke auf dem Krankenhaus-Buffet an. Die Köche würden sich dabei stark an den Hiltl-Kochbüchern orientieren und sich grosse Mühe geben, die Auswahl möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Dass hier mit grossem Einsatz und Motivation gekocht wird, schmecke man natürlich auch, weshalb auch externe Gäste gerne im Krankenhaus vorbeikommen würden, nur um die tollen Gerichte zu geniessen.

Doch trotz der Erweiterungen in der pflanzlichen Küche finden sich natürlich auch heute noch Orte, an denen es fast unmöglich ist, komplett auf tierische Produkte zu verzichten. Da das Wandern eine grosse Leidenschaft von Bärbel ist, kommt es auch mal vor, dass sie in einer abgelegenen Berghütte einen Kompromiss eingehen muss – Eiernudeln, dafür ohne Käse und Butter etwa. Einfacher erging es ihr da auf ihren Reisen nach Indien und Sri Lanka, da dort die vegane Ernährung Teil der Kultur ist. Doch wie sie selbst sagt, die Berge sind ihr einfach lieber. Und gerade in Österreich, wo sie gerne Ferien macht, gibt es eine grosse Auswahl an Hotels und Unterkünften, die einen komplett veganen Aufenthalt garantieren, hier sei uns unser Nachbarland definitiv noch einen Schritt voraus.

Halbwahrheiten & hoffnungsvolle Aussichten

Was Bärbel jedoch viel mehr stört, als ab und zu eine vegetarische Ausnahme machen zu müssen, sind die standardisierten Entschuldigungen vieler Omnivoren. Aussagen wie «ich kaufe selbstverständlich nur Bio-Fleisch» oder «mein Fleisch hole ich nur vom Metzger meines Vertrauens» wirkten auf sie zynisch, wenn man die effektiven Zahlen im Hinterkopf habe. In der Schweiz stamme nur einen Bruchteil des verzehrten Fleisches aus Bio-Landwirtschaft oder von Kleinbetrieben. Noch schlimmer findet sie aber Besser-Verdiener, die dennoch das billigste Fleisch einkaufen müssen, möglichst noch im noch günstigeren Nachbarland, obwohl sie es sich eigentlich leisten könnten, Acht zu geben. Dabei sei sie eigentlich sehr offen und tolerant allen Mitmenschen gegenüber, auch ihr Freund sei Allesesser. An den gemeinsamen Wochenenden ernähre er sich aber vegan, auch wenn er zu seiner Portion oft noch Parmesan oder anderen Käse hinzufüge. Umso mehr stören sie eben gerade diese Halbwahrheiten, die Fleischliebhaber meinten, ihr gegenüber auspacken zu müssen, um sich zu rechtfertigen. Viele empfänden es bereits als Vorwurf, wenn sie erwähne, dass sie sich vegan ernähre, weshalb sie auch nur noch auf Nachfrage von ihrer Ernährungsweise berichte, um solchen Diskussionen aus dem Weg zu gehen. Sie berichtet auch, wie vielen ihrer Bekannten nicht bewusst sei, dass pflanzliche Milchalternativen nicht deshalb teurer seien, weil sie so unglaublich trendy sind, sondern unter anderem auch die Subventionen der Kuhmilch in der Schweiz zu den günstigeren Preisen beitrage. Etwas anderes, dass sie auch immer wieder höre, ist die Behauptung, dass sie durch ihre vegane Ernährung unter einer weniger robusten Gesundheit leide. Sie habe aber in den letzten fünfzehn Jahren nur einmal mit einem grippalen Infekt zu kämpfen gehabt, ansonsten sei sie bis auf einen Unfall nie krankgeschrieben gewesen, meint sie schmunzelnd.
Doch trotz dieser Diskussionen und falschen Annahmen glaubt Bärbel fest daran, dass die vegane Bewegung in Zukunft weiter anwachsen wird. Zu dieser Entwicklung trügen sicher auch viele aktuelle Filme und Dokumentationen wie «The Game Changers» bei. Pflanzliche Ernährung werde heute nicht mehr nur mit ethischen und moralischen Grundsätzen in Verbindung gesetzt, sondern immer mehr auch mit Gesundheit, Sport und Umweltschutz. Die Vorteile seien also nicht mehr nur, dass man damit etwas Negatives wie Tierleid verringern, sondern eben auch Positives für seinen eigenen Körper und die Welt bezwecken könne.

Verwandte Blogposts