#3 Food Talk: Aphrodisisch Geniessen
Food Talk
#3 Food Talk: Aphrodisisch Geniessen
13.8.2014

Im Gespräch mit Matthew Jopseph, ayurvedischer Ernährungsberater aus Kerala, in Zürich tätig:


Matthew, in der Geschichte von "Der Koch" schlägt das aphrodisische Catering des tamilischen Asylanten Maravan wie eine Bombe ein. Wirkt ayurvedisches Essen immer so... anregend?

Natürlich. Nein im Ernst, das ist die Filmwelt, nicht das richtige Leben.

Dann wirkt ayurvedisches Essen also gar nicht?

Doch doch, natürlich wirkt es - und zwar mehr, als die meisten denken. Ayurveda ist die Lehre für ein gesundes Leben im Einklang mit Körper, Seele und Geist. Nicht umsonst sind die drei Säulen des Lebens im Ayurveda Essen, Schlaf und Sexualität. Essen und Sex sind sinnliche Genüsse, die eng miteinander verbunden sind.

Was sagt die ayurvedische Lehre über aphrodisierende Genüsse?
Aphrodisieren heisst nichts anderes, als die Lust anzuregen. Heute ist das Problem ja, dass viele Menschen durch die tägliche Reizüberflutung keine Lust mehr verspüren. Vielleicht, weil sie sich falsch ernähren. Vielleicht, weil zu viel Stress und zu viel Programm in ihrem Leben herrscht. 

Im Ayurveda gibt es keine Pille, die man einwerfen kann und alles funktioniert auf Kommando. Es geht unter anderem darum, grundsätzliche Dinge im Alltag zu ändern: Mass zu halten, sich auf jeweils ein Ding zu konzentrieren, genügend Raum für Erholung zu schaffen und sich Zeit fürs Geniessen zu nehmen, egal ob es sich um kulinarische oder andere sinnliche Genüsse handelt. Und natürlich ist es auch wichtig, sich typengerecht zu ernähren, damit Körper und Geist glücklich sind. Und beide braucht es, damit Erotik entstehen kann.

Was sind das für Typen und wie funktionieren sie?

Es würde den Rahmen sprengen, hier zu weit auszuholen. Deshalb halte ich mich kurz. Es gibt drei verschiedene Lebensenergien, die drei Doshas. Vata mit den Elementen Äther und Luft ist windig, kreativ, unfassbar und ständig in Bewegung. Pita ist heiss und zielorientiert, ein Ausdruck des Umwandlungsprinzips seiner Elemente Feuer und Wasser. Kapha (Wasser und Erde) strebt nach Struktur, Fürsorglichkeit und neigt zur Trägheit. Jeder Mensch hat zwei dieser Lebensenergien in sich - eine davon ist die dominante. Wir können diese Energien unter anderem durch unsere Ernährung beeinflussen und ausgleichen. 

Wie wirken sich diese Typen auf unsere Ernährung aus?

Das Ziel im Ayurveda ist immer die Vollständigkeit. Ich will mir also durch Essen das holen, was meiner dominanten Lebensenergie mangelt: Wendige Vata-Typen, die nie zur Ruhe kommen gleichzeitig überall sind und tausend Projekte anreissen, sollten zum Beispiel Dinge essen, die sie erden und mitten. Im Gegensatz dazu muss man den trägen Kapha-Typen Feuer unterm Hintern machen, damit diese in Bewegung kommen.

Das heisst, was für den einen genau das Richtige ist, 
mag für den anderen genau das Falsche sein?

Richtig. Süsses beruhigt beispielsweise das Vata während es das Kapha noch träger macht und Übergewicht fördert. Leider haben viele Menschen genau die falschen Instinkte und verstärken mit Nahrung die dominante Lebensenergie in ihrem Körper anstatt sie auszugleichen. Vata-Typen knabbern an rohen Salaten, während sich Kapha-Typen eine zweite Portion Dessert gönnen. In der ayurvedischen Lehre ist Nahrung nie nur Genuss, sondern zugleich immer auch Medizin - Prävention und Heilung in einem.

Noch mal zurück zur aphrodisischen Wirkung von aphrodisischem Essen. Ein paar Tricks gibt es aber schon, oder?
Wenn die Basis stimmt und in Sachen Ernährung und Schlaf (ihr erinnert euch, zwei der drei Säulen des Lebens) alles gut läuft, gibt es natürlich ein paar kulinarische Tipps, welche die Leidenschaft fördern.
Erstens ist es wichtig, mit frischen, möglichst regionalen und natürlichen Lebensmitteln zu kochen. Prozessiertes und Wiederaufgewärmtes trägt dunkle Energie, Tamas-Guna, in sich und ist schlecht für Körper und Geist.
Stimmungsaufhellende und energetisierende Lebensmittel bringen das System hingegen in Schwung und helfen, die Dinge in Ganz zu setzen.
Farben wie Rot und Orange versinnbildlichen Virilität, Lebensfreude und Tatkräft.
Ich könnte noch viel mehr auflisten, doch das Wichtigste ist, mit Liebe Essen zuzubereiten, das frisch ist, lecker schmeckt, schön aussieht und dafür sorgt, dass man sich gut und voller positiver Energie fühlt. Wer das Gefühl hat, er könne Bäume ausreissen, ist auch bereit für die schönen Dinge des Lebens...

Besten Dank für das Gespräch, Matthew Joseph!



INFO
Wer gerne mehr über die Ayurvedische Ernährungslehre und die verschiedenen Typen wissen oder sich beraten lassen möchte, findet Matthew Joseph auf seiner Webseite

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